
Vom Wertstoffgesetz zum Verpackungsgesetz
In der aktuellen Ausgabe #16 des Noventiz-Magazins “EINFACH NOVENTIZ” äußert sich Markus W. Pauly in einem Gastbeitrag zum Entwurf des Verpackungsgesetz:
Mit Datum vom 19.07.2016 hat das BMUB den Entwurf eines Verpackungsgesetzes vorgelegt und die Ressortabstimmung mit anderen betroffenen Ministerien eingeleitet. Damit ist der ursprüngliche Plan, ein Wertstoffgesetz auf den Weg zu bringen, zunächst gescheitert. Das Verpackungsgesetz ist nach mehr als 25 Jahren Verpackungsrecht in Deutschland nichts anderes als eine 8. Novelle des Verpackungsrechts mit den Regelungsschwerpunkten der Einführung einer Zentralen Stelle und einer Registrierungspflicht bei dieser Stelle zur Effizienzsteigerung des Vollzugs sowie zur Stärkung des Wettbewerbs. Das Gesetz liegt mittlerweile in einer Entwurfsfassung mit Datum vom 10.08.2016 vor, die Anfang September 2016 Gegenstand einer Anhörung der beteiligten Wirtschaftskreise ist.
Im Einzelnen enthält der Gesetzentwurf mehrere Neuregelungen, auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll. Zunächst ist bemerkenswert, dass die abfallwirtschaftlichen Ziele des Verpackungsrechts dahingehend neu definiert wurden, im Rahmen einer gemeinsamen haushaltsnahen Sammlung von Verpackungsabfällen und weiteren stoffgleichen Haushaltsabfällen zusätzliche Wertstoffe für ein Recycling zu sammeln (§ 1 Abs. 2 VerpackG-E). Die mit 80% unerreichbare Zielquote für Mehrweg- sowie ökologisch vorteilhafter Einwegverpackungen wurde im Übrigen gestrichen. Stattdessen sind in dem Gesetz jetzt Hinweispflichten im Laden betreffend Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen vorgesehen, um die Mehrwegquote auf diesem Wege zu steigern. Obwohl die abfallwirtschaftlichen Ziele, die in dem Gesetz definiert sind, auch stoffgleiche Haushaltsabfälle, also Nicht-Verpackungsabfälle, in Bezug nehmen, wird in § 2 Abs. 1 VerpackG-E klargestellt, dass dieses Gesetz nur für Verpackungen gilt, nicht jedoch für stoffgleiche Nicht-Verpackungen.
Bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Begriffsbestimmungen nunmehr den Begriff „systembeteiligungspflichtige Verpackungen“ definiert. Gemeint sind damit mit Ware befüllte Verkaufsverpackungen und Umverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen (§ 3 Abs. 9 VerpackG-E). Auch wenn die Einführung dieses Begriffes in der Begründung des Gesetzesentwurfs lediglich als redaktionelle Änderung bezeichnet wird, kommt dem Begriff erhebliche Bedeutung zu, da vor allem die neu eingeführte Registrierungspflicht an Hersteller adressiert ist, die systembeteiligungspflichtige Verpackungen in den Verkehr bringen. Damit ist auch schon die zentrale Neuregelung in dem Gesetz angesprochen, nämlich die Verpflichtung der Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen diese unter Angabe bestimmter Daten bei der neu zu gründenden Zentralen Stelle registrieren zu lassen, bevor die Verpackungen in den Verkehr gebracht werden (§ 9 VerpackG-E). Soweit es um systembeteiligungspflichtige Verpackungen geht, enthält der Gesetzesentwurf zudem eine deutliche Erhöhung der Vorgaben für die Verwertungsquoten (§ 16 VerpackG-E).
Der Gedanke des Wertstoffgesetzes wird nunmehr in § 22 Abs. 5 VerpackG-E aufgegriffen. Dies erfolgt dadurch, dass im Rahmen der Abstimmung zwischen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und den dualen Systemen auch eine sogenannte einheitliche Wertstofferfassung für Nichtverpackungsabfälle aus Kunststoffen oder Metallen vereinbart werden kann. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass damit lediglich ein grober gesetzlicher Rahmen für die Einführung einer sogenannten einheitlichen Wertstoffsammlung vorgegeben wird. Die Einzelheiten der einheitlichen Wertstoffsammlung können unter den Parteien frei ausgehandelt werden, sodass die verschiedenen bereits heute vorhandenen Organisationsmodelle zur Einführung einer einheitlichen Wertstoffsammlung zum Zuge kommen können.
Für Diskussionen wird sicherlich eine neu eingeführte Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Abstimmung mit den dualen Systemen führen. Insoweit ist nunmehr in § 22 Abs. 2 VerpackG-E als eng begrenzte Ausnahme von dem grundsätzlichen im Verpackungsrecht geltenden Kooperationsprinzip vorgesehen, dass den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einseitige hoheitliche Steuerungsmöglichkeiten eingeräumt werden, mit denen sie Einfluss auf die tatsächliche Ausgestaltung der Sammlung nehmen können, ohne auf eine Zustimmung der dualen Systeme angewiesen zu sein. Da der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung dazu selbst ausführt, es handele sich bei dieser Regelung um eine Ausnahme vom Kooperationsprinzip, ist bereits evident, dass damit auch ein rechtswidriger Verstoß gegen das Kooperationsprinzip vorliegt, da es für eine solche Ausnahme keinen sachlichen Grund gibt. Wie bereits ausgeführt, ist ein zentraler Punkt der Novelle die Pflicht zur Errichtung einer Zentralen Stelle durch die produktverantwortlichen Hersteller (§ 24 VerpackG-E). Vorbild dieser Zentralen Stelle ist zweifelsfrei die Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR). Die Zentrale Stelle soll 31 verschiedene Aufgaben wahrnehmen, die in § 26 Abs. 1 VerpackG-E aufgezählt werden. Vor allem ist sie aber ausgestaltet als Registrierungsstelle für die Hersteller. Stark umstritten ist bereits heute die Zusammensetzung der Zentralen Stelle (vgl. BKartA, FAZ vom 06.08.2016, S. 22). Auch hier wird es noch einige Diskussionen geben, zumal die Zentrale Stelle bereits als „Big Brother“ der Verpackungswirtschaft bezeichnet wurde.
Das weitere Schicksal des Verpackungsgesetzes bleibt nunmehr abzuwarten. Geht es nach den Vorstellungen des BMUB, soll das Gesetz nach der Anhörung der beteiligten Kreise am 06. und 07.09.2016 im Oktober vom Kabinett beschlossen werden und dann Ende des Jahres bzw. Anfang nächsten Jahres im Bundestag behandelt werden. Ob dies wirklich so geschieht und das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft tritt, bleibt nach den bisherigen Erfahrungen mit vorherigen Novellen des Verpackungsrechts und insbesondere mit der unendlichen Geschichte des Wertstoffgesetzes abzuwarten.
Über den Autor:
Dr. Markus W. Pauly ist promovierter Jurist und hat 2015 die Kanzlei PAULY • Rechtsanwälte in Köln gegründet. Seine anwaltlichen Schwerpunkte liegen seit 25 Jahren im Bereich Umweltrecht, insbesondere im Abfall- und Immissionsschutzrecht. Dr. Pauly ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen und seit 2011 Lehrbeauftragter für Umweltrecht an der RWTH Aachen.